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Fristlose Kündigung: Unrechtmäßiges Einlösen gefundener Leergutbons - "Fall Emmely"

Verstößt ein Arbeitnehmer vorsätzlich gegen seine Vertragspflichten, kann dies eine fristlose Kündigung auch bei geringem wirtschaftlichen Schaden rechtfertigen. Eine fristlose Kündigung darf jedoch nur aus "wichtigem Grund" erfolgen. Ob ein solcher Grund vorliegt, muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile beurteilt werden. Zu bewertende Gesichtspunkte sind z.B. das gegebene Maß der Beschädigung des Vertrauens, das Interesse an der korrekten Handhabung der Geschäftsanweisungen, das vom Arbeitnehmer in der Zeit seiner unbeanstandeten Beschäftigung erworbene "Vertrauenskapital" ebenso wie die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsverstoßes. Insgesamt muss die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine angemessene Reaktion auf die Vertragsstörung sein. Unter Umständen kann eine Abmahnung als milderes Mittel zur Wiederherstellung des für die Fortsetzung des Vertrags notwendigen Vertrauens in die Redlichkeit des Arbeitnehmers ausreichen.

Nach diesen Grundsätzen hat das Bundesarbeitsgericht die fristlose Kündigung einer Kassiererin in einem Einzelhandelsgeschäft als unwirksam angesehen. Sie hatte ihr nicht gehörende Pfandbons im Wert von insgesamt 1,30 Euro für sich eingelöst und gegen eindeutige Anweisungen ihres Arbeitgebers verstoßen. Das Gericht sah hierin einen schwerwiegenden Vertragsverstoß. Letztlich überwogen jedoch die zugunsten der Kassiererin sprechenden Umstände, wie die mit einer Kündigung verbundenen Einbußen, der Erwerb eines hohen Maßes an Vertrauen aufgrund der über 30 Jahre dauernden Beschäftigung. Dieses Vertrauen konnte durch den atypischen und einmaligen Kündigungssachverhalt nicht vollständig zerstört werden. Dahinter trat bei der Abwägung die vergleichsweise geringfügige wirtschaftliche Schädigung des Beklagten zurück. Eine Abmahnung wäre als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung ausreichend gewesen.

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