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Besteuerung von Leistungen bei Arbeitsplatzverlust: Abfindung und Startprämie als einheitliche Entschädigung

Außerordentliche Einkünfte wie Abfindungen und Entlassungsentschädigungen unterliegen einem ermäßigten Einkommensteuersatz, so dass Progressionsnachteile ausgeglichen werden, die ein entschädigungsbedingt erhöhtes Einkommen bei regulärer Besteuerung nach sich ziehen würde.

Hinweis: Unter Steuerprogression versteht man die Zunahme der prozentual zu zahlenden Steuer bei steigendem Einkommen.

Eine ermäßigte Besteuerung setzt daher zweckentsprechend voraus, dass dem Empfänger die Entschädigungsleistungen zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen sind. Wurden sie in mehreren Teilbeträgen über mehrere Veranlagungszeiträume verteilt ausgezahlt, kommt es nicht zu nennenswerten Progressionsnachteilen, so dass in der Regel auch kein Anlass für eine ermäßigte Besteuerung besteht. Die Finanzämter lassen eine ermäßigte Besteuerung dennoch zu, wenn eine Teilleistung von maximal 10 % der Hauptleistung in einem anderen Jahr als die Hauptleistung zur Auszahlung kommt.

Diese Rechtsgrundsätze gelten jedoch nur, wenn alle Teilleistungen auf dasselbe "Schadensereignis" (z.B. einen Arbeitsplatzverlust) zurückzuführen sind, es sich also um eine einheitliche Entschädigung handelt. Beruhen die gezahlten Beträge auf verschiedenen Schadensereignissen (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes plus vorzeitige Aufhebung eines Pachtvertrags), gilt die 10-%-Grenze nicht. In diesem Fall kann jede Entschädigung isoliert für sich ermäßigt besteuert werden.

Ein neuer Fall des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass Entschädigungszahlungen in Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzverlust in der Regel nicht auf verschiedene Schadensereignisse "aufgespalten" werden können. Im vorliegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer im Zuge eines Personalabbaus bei seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag samt Anstellungsvertrag bei einer Transfergesellschaft geschlossen. 2015 wurde ihm eine Entschädigung von 115.700 EUR ausgezahlt, 2016 ein weiterer Teilbetrag von 59.250 EUR, der wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus einer Transfergesellschaft bzw. seines Verzichts auf die Beschäftigung in einer weiteren Transfergesellschaft gezahlt wurde (Zusatzabfindung und Startprämie). Das Finanzamt lehnte die ermäßigte Besteuerung sämtlicher Zahlungen ab. Der Arbeitnehmer machte dagegen geltend, dass der Arbeitsplatzverlust und das Ausscheiden aus den Transfergesellschaften zwei unterschiedliche Schadensereignisse seien, so dass jeder Teilbetrag ermäßigt besteuert werden könne.

Der BFH lehnte dies jedoch ab und urteilte, dass die Entschädigungszahlungen einheitlich für den Verlust des Arbeitsplatzes geleistet worden seien und aufgrund der Auszahlung in zwei Veranlagungszeiträumen keine Zusammenballung von Einkünften vorliege. Für alle vertraglichen Ansprüche sei der strukturbedingte Wegfall des Arbeitsplatzes maßgebend, sie seien untrennbar miteinander verbunden, aufeinander abgestimmt und könnten nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Der Arbeitnehmer habe ein "Gesamtpaket" in Anspruch genommen, zu dem auch finanzielle Anreize für einen vorzeitigen Ausstieg aus den Transfergesellschaften gehört hätten.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 08/2022)

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